Vulkane und Sümpfe – Tertiär

Tertiär - Vulkanausbrüche im Siebengebirge
Tertiär - Vulkanausbrüche im Siebengebirge

Könnten wir in der Zeit zurückreisen ins Tertiär, würde wir uns wohl wie Aliens in unserer Heimat fühlen. Poppelsdorf und Beuel lagen an der Küste, die Siebengebirgsgegend lag im Delta eines Flusssystems.

Tertiär (vor 66-2,6 Millionen Jahren) ist der in Mitteleuropa eingebürgerte Oberbegriff für die Perioden Paläogen mit dem Paläozän (vor 66 – 56 Millionen Jahren), Eozän (vor 56,0 – 33,9 Millionen Jahren) sowie Oligozän (vor 33,9 – 23 Millionen Jahren) und Neogen mit demMiozän (vor 23 – 5,3 Millionen Jahren) und Pliozän (vor 5,3 – 2,6 Millionen Jahren).

Die Erde im Tertiär

Vor circa 50 Millionen Jahren kollidierte die indische Platte mit Asien, der Himalaya und das Hochland von Tibet entstanden.

Bis ins frühe Eozän waren Teile des alten Gondwanas, Südamerika, Antarctica und Australien noch miteinander verbunden. Vor etwa 60-45 Millionen Jahren entstand ein Seeweg zwischen Ostantarctica und Australien. Australien driftete nordwärts. Während des Übergangs zum Oligozän (34 MJ) zerbrach die Landverbindung zwischen Südamerika und Antarctica: die Drakestraße, eine Meeresstraße zwischen der Südspitze Südamerikas, Kap Hoorn, und der Nordspitze der Antarktischen Halbinsel entstand.

Erst gegen Ende des Tertiärs, im Pliozän, entstand die Landbrücke zwischen Südamerika und Nordamerika.

Im Eozän hinein war Nordamerika über Grönland mit Europa verbunden und hatte über die Beringstraße auch mit Ostasien Kontakt. Vor 50 Millionen Jahren zerbrach auch diese Verbindung; der Atlantik wird breiter und Nordamerika, Grönland und Eurasien driften immer weiter voneinander weg.

Ganz Europa stand unter Hochspannung. Im Süden wuchsen die Alpen, die Karpaten, der Kaukasus und viele andere Gebirge in die Höhe. Dafür wurde die Tethys immer kleiner und verschand fast, die zentralen Gebiete des östlichen Mittelmeers sowie des Schwarzen Meeres sind kleine Reste dieses ehemals großen Ozeans.

Grabensysteme – die Niederrheinische Bucht bricht ein

Inzwischen befand sich unsere Region etwa auf Höhe des heutigen Mailands. Quer durch Mitteleuropa bildeten sich große Bruchzonen, so entstand ein riesiges Grabensystems, das sich vom Süden Frankreichs bis hinauf in die Nordsee erstreckt, das Westeuropäische Riftsystem. Dazu gehören in Deutschland der Oberrheingraben, die Hessische Senke und eben die Niederrheinische Bucht. An solchen Gräben brechen Kontinente auseinander.

Im Rheingraben begann die Rifttätigkeit im oberen Eozän; zu Beginn des Oligozäns durchbrach das Rift das Rheinische Schiefergebirge. Randstörungen reichen bis südlich von Siegburg und bilden den Siebengebirgsgraben; die heutigen Orte Stieldorf und Uthweiler liegen im Siebengebirgsgraben.

Vor 33,9 Millonen Jahren (Rupelium) brach die Niederrheinischen Bucht regelrecht ein. Im weiteren Verlauf des Tertiärs und dann des Quartärs sank sie stetig weiter ab, der Prozess dauert heute noch an.

Einbruch der Nordsee, Deltas und Sümpfe

In jener Zeit lag der Meeresspiegel ca. 100 m höher als heute, und von Westen und Norden drang das Meer in die Niederrheinische Bucht vor, zeitweise sogar bis südlich von Köln in den Bonner Raum. Poppelsdorf und Beuel lagen an der Küste.

Südlich der Küstenlinie gediehen im feuchtwarmem, nahezu tropischen Klima große Sumpfwälder und Moore mit einer enormen Pflanzenvielfalt: Sumpfzypressen, Sequoia-, Lorbeer- und walnussartige Hickory-Bäume, Kiefern, Kastanien, Magnolien und viele mehr. Flüsse wie die Ur-Sieg im Raum Bonn liefern aus dem Rheinischen Schiefergebirge ihre Sedimentfracht und bilden ein Deltasystem.

Über Millionen Jahre wuchsen hier Pflanzen, starben und versanken im Wasser und Schlamm der Moore. Es entstand Torf. Durch den Druck der darüber liegenden Schichten über Millionen von Jahren bis ins späte Miozän wurde er zu Braunkohle gepresst.

Die Siebengebirgsgegend lag im Delta eines Flusssystems mit Seen und Sümpfen. Mäandrierende Flüsse führten Tone, Schotter und Kies mit sich und lagerten sie schließlich ab. So entstanden Sandsteine, und aus ihnen wiederum Quarzite. Wie Schiefer ist Quarzit ein  metamorphes Gestein, umgewandelter quarzreicher Sandstein.

Quarzite vom Wintermühlenhof

Auch am Buchenplatz im Siebengebirge können Sie Steine aus dem Siebengebirge sehen. Unter ihnen ist ein Quarzitblock vom Gebiet des heutigen Wintermühlenhofs. Von dort sind sogar Blattabdrücke von Bäumen, ja sogar fossilizierte Baumstämme erhalten.

Vulkanausbrüche – das Siebengebirge entsteht

Nach vielen Millionen Jahren endete die tektonische Ruhe auch in unserer Region. Vor 28 Millionen Jahren drang an einer Bruchzone Magma aus dem Erdinneren nach oben, und über Millionen von Jahren bis ins Miozän hinein kam es immer wieder zu Vulkanausbrüchen; dabei unterscheiden wir fünf Ausbruchsphasen.

1 – Trachytuffe

In einer ersten Ausbruchsphase vor 28-22 Millionen Jahren wurden Lava und große Mengen von Steinen an die Oberfläche geschleudert, wo sie langsam erkalteten. Das waren die Trachyttuffe. Das Zentrum der Ausbrüche lag im Bereich des Mirbesbachtals zwischen Petersberg und Drachenfels. Bald war ein Gebiet weit über das heutige Siebengebirge hinaus damit bedeckt.

Nach dem raschen Ausstoß großer Trachyttuffmengen brach der Boden über dem teilentleerten Magmenherd als schüsselförmige Hohlform ein. Das ist eine Caldera, hier haben wir das spanische Wort übernommen. Ihr Zentrum befand sich etwa im Gebiet des Wintermühlenhofs.

2 – Trachyte

In einer zweiten Ausbruchsphase kamen die Trachyte aus dem Erdinnern. Das spielte sich zwischen Königswinter und Ittenbach ab. Doch sie bleiben in der Tuffdecke stecken, erreichten also nicht die Oberfläche. Vielmehr wurden die Trachyttuffdecke hochgewölbt. So entstanden zahlreiche Berge: Drachenfels, Schallenberg, Geisberg, Jungfernhardt, Lohrberg, Perlenhardt, Wasserfall, großer Ölberg und Lahrberg. Heute sieht man nur noch die Quellkuppen, denn der  poröse Trachyttuff wurde größtenteils erodiert.

Trachyte sind lau- und gelblichgrau. Der Drachenfels-Trachyt hat bemerkenswert schön ausgebildete, bis vier Zentimeter lange Kristalle aus Sanidin, das ist ein Feldspat-Typ.

3 – Latittufe und Latite

In einer dritten Ausbruchsphase erschienen Latittuffe und Latite. Sie durchbrachen den Trachyttuff und formten ihrerseits Berge: Wolkenburg, Bolvershan, Hirschberg, Stenzelberg, Lahrberg, Himmerich, Mittelberg und Broderkonsberg. Am Breiberg und Ölender gibt es Intrusionen. Latite sind hell- oder dunkelgrau und haben eine feinkristalline Struktur.

4 – Langgestreckte Gänge

Die vierte Eruptionsphase zeichnet sich weniger auffällig ab. Nun bildeten sich zahlreiche langgestreckte Gänge. Der Latit-Zug der Rosenau ist annähernd 1800 Meter lang und bis 30 Meter mächtig. Gleichzeitig trat wiederum ein bemerkenswerter gesteinschemischer Wandel ein. Förderprodukte in den Gängen waren nun überwiegende Alkalitrachyte und sanidinreiche Latite (Zinnhöckchen, Merkenshöhe, Löwenburg), die man an Farbe und Härte unterscheidet.

5 – Basalt

Die letzte Ausbruchsphase vor 25-15 Millionen Jahren fällt schon in Miozän. Nun kamen mit der Lava Basalttuffe und Basalte. Als letzte Berge entstanden: Asberg, Leyberg, Scheerkopf, Petersberg, Nonnenstromberg, der Kern des großen Ölbergs, der kleine Ölberg, Weilberg, Dollendorfer Hardt, Rabenley und Finkenberg. Basalt drang als flüssige Gesteinsschmelze in die Tuffdecke ein, erkaltete und kühlte langsam ab. Dabei bildeten sich die typischen fünf- bis sechskantige Säulen aus.

Über Jahrmillionen waren die obersten Tuffschichten verwittert, Wind und Wasser hatte sie abgetragen. Schließlich ragten die vulkanischen Gesteine heraus.

Fossilienlagerstätte Rott

Im Siebengebirgsgraben war das Wasser noch weiter vorgedrungen. Vor 25 Millionen Jahren befand sich in der Nähe des Siebengebirges, auf dem Gebiet der heutigen Gemeinde Hennef-Rott, über der Trachyttuffschicht, ein Süßwassersee. An seinem Ufer wuchsen Palmen, hier lebten Krokodile, Schildkröten, sowie unzählige Insektenarten. Auf dem Grund des Sees sammelten sich sauerstoffarme Schlammschichten an, die abgestorbene Pflanzen und verstorbene Tiere gut konservierten. Die Rotter Lebensgemeinschaft bestand für etwa zwei bis drei Millionen Jahre, bis im Miozän der Vulkan wieder ausbrach.

Heute ist die Fossillagerstätte Rott eine der bedeutendsten Fundstellen aus dem Tertiär. Hunderte Pflanzenarten, Insektenarten und zahlreiche Amphibien- und Reptilienarten wurden gefunden und wissenschaftlich beschrieben. Eine Lagerstätte ist ein Fundort, an dem besonders viele oder außergewöhnlich gut erhaltene Fossilien gefunden werden. Beides trifft auf Rott zu.

https://de.wikipedia.org/wiki/Fossillagerstätte_Rott

Die Rotter Fossilien im Museum:

https://stadtmuseum-siegburg.de/ueber-uns/sammlung/rotter-fossilien/index.html

https://www.ifgeo.uni-bonn.de/museen/goldfuss-museum/

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